Zur Task-Force Okerstrasse

Auf der gestrigen Demonstration in Neukölln gegen Rassismus und Antiziganismus und für die Solidarität mit Roma und Sinti wurde folgender Flyer zur Information über die Aktivitäten der Task-Force Okerstrasse verteilt:

Task-Force* /(TF; engl. Task Force) oder Einsatzgruppe ist eine ursprünglich militärische Bezeichnung für einen temporären Zusammenschluss von verschiedenen Einheiten der US Navy und stammt aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Eine Einsatzgruppe wird zur Durchführung eines bestimmten Auftrages zusammengestellt./
*-Okerstraße*

Im Frühjahr 2009 gelangte das „Strategiepapier Task Force Okerstraße (TFO)“ aus der Feder des Quartiersmanagements (QM) Schillerpromenade an die Öffentlichkeit. Es sollte unter anderem eine Antwort auf die „Problemhäuser“ und die „Problemfamilien“ in Neukölln liefern (Zitate Strategiepapier TFO). Die TFO war jedoch kein soziales Projekt, auch wenn dieser Anschein immer wieder erweckt werden sollte, sondern stellte sich schnell als diskriminierend heraus. Ziel war die Verdrängung als unerwünscht definierte Anwohner_innen aus dem Kiez.

Die Leiterin des QM’s, Kerstin Schmiedeknecht, und der Bürgermeister von Neukölln, Heinz Buschkowsky, sowie der Migrationsbeauftragte des Bezirks Arnold Mengelkoch sind die Köpfe der Task Force Okerstraße. Strategie der TFO sollte es sein unterschiedliche Akteure, wie die Polizei, das Jugendamt, die Schulen, das QM und die „engagierten ganz normalen und angepasst lebenden Anwohner“ (Zitat Strategiepapier TFO) zu vernetzen. Damit sollte gemeinsam ein soziales Bespitzelungsnetz um die als Problem empfundenen Häuser und Familien gesponnen werden.

Als „Problemhäuser“ wurden hauptsächlich drei in der Okerstraße gelegenen Häuser und als „Problemfamilien“ ausdrücklich die darin lebenden Roma-Familien benannt. Die Häuser wurden als baufällig und überbelegt beschrieben und der Lösungsvorschlag lautete daher Kontrollen des baulichen Zustands sowie Kontrolle der in diesen Häusern lebenden Menschen. Zudem wurde von sogenannten „rumänischen Gastarbeitern“ gesprochen, die die Probleme in diesen Häusern verursachen würden. Die TFO bediente sich von Anfang an rassistischer, vor allem Roma- feindlicher (antiziganistischen) Argumentationen und konstruierte einen fundamentalen Gegensatz zwischen den „ganz normalen und angepasst lebenden Anwohnern“ und den hier lebenden Roma.

Anstatt gesellschaftliche Probleme und rassistische Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt, dem Wohnungsmarkt, im Bildungssystem usw. zu thematisieren und zu kritisieren, wurden diese von der TFO unsichtbar gemacht. In der Kritik standen immer die Menschen und nicht etwa die Verhältnisse in denen sie leben. So wurden die Roma-Familien selbst für die Überbelegung der Häuser verantwortlich gemacht, nicht etwa ihre Armut und ihr oft ungesicherter Status.

Im Februar 2011, zwei Jahre nach dem Beginn der TFO, ging Integra e. V., der mit dem TFO Projekt beauftragte Träger, mit einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit: „Wir wurden mehrfach aufgefordert über die uns betreuten Klientel ausführliche Sozialdaten, die unter Datenschutz fallen, zu übermitteln“ heißt es da. Das Integra Team von sieben Mitarbeiter_innen wurde im Dezember 2010 fristlos gekündigt. Sie sehen dies als eine Reaktion, die unter Datenschutz fallende Informationen nicht weitergegeben zu haben. Bei dieser Weigerung ging es um Informationen zu den Kontakten und „kriminellen Neigungen“ der von ihnen betreuten Jugendlichen. Dies, so Integra, hatte das QM mehrfach von ihnen verlangt.
„Es sollten auch konkrete Daten zu Bewohnern in der Okerstraße zusammengestellt werden. Wer dort wohnt und wie viele. Sie wollten deren Aufenthaltsstatus wissen usw. Dabei war auffällig, wie Mengelkoch über die Migranten redete: Immer nur Defizite.“ berichtete Yildrim, der Geschäftsführer von Integra, in der Stadtteilzeitung RandNotizen.

Trotz der Kritik an der TFO, besteht diese weiter und beschäftigt nun als neuen Träger das Interkulturelle Bündnis für Berlin gGmbH (iBfB). Die TFO hat zumindest teilweise die rassistischen Ziele ihrer Initiator_innen umsetzen können. Eins der damals als Problem bezeichneten Häuser, die Okerstraße 43, gehört inzwischen dem Unternehmen Alt & Kelber, das frisch sanierte Wohnungen für 9 Euro / m² anbietet. Die Menschen und Familien, die vorher hier gewohnt haben, wurden unter anderem durch die Maßnahmen der TFO verdrängt.
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Schmiedeknecht, Mengelkoch und Buschkowsky: Wir haben eure Task-Force satt. Wir wollen einen Kiez ohne rassistische und antiziganistische Diskriminierung und Verdrängung.*
Stadtteilinitiative Schillerkiez

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