Chronik von Widerstand und Verdrängung in Nord-Neukölln

Fünf Jahre Randnotizen – fünf Jahre Chronik von Widerstand und Verdrängung. Ein Streifzug durch den Blog nk44 – Nachrichten aus Nord-Neukölln – ab Frühjahr 2010. Erwähnt werden müssen aber auch die Aktivitäten in den Jahren davor: Kampf ums Flugfeld mit Tempelhof für alle! und Squat Tempelhof; Auseinandersetzung mit der Task Force Okerstraße und dem Quartiersmanagment (QM) Schillerkiez; Erste Stadtteilversammlungen, unter anderem mit der Idee, eine Stadtteilzeitung zu gründen.

2010
2011
2012
2013
2014
2015

2010

März 2010: Die erste Ausgabe der Randnotizen erscheint.

März 2010: Nach wiederholten neonazistischen Angriffen auf linke Läden taucht in Schaufenstern und an Balkonen ein fliegender Kaktus auf: Neukölln, kein Ort für Nazis!

April 2010: Erster Kiezspaziergang besucht mit 50 Menschen Orte von Verdrängung und Widerstand im Schillerkiez.

April 2010: Anwohner_innenversammlung zu steigenden Mieten auch in Rixdorf.

April 2010: Das QM Schillerkiez und Task Force Okerstraße beklagen sich über angeblich 22 Angriffe auf ihre Büros, obwohl sie Neukölln doch „schöner machen“ wollen.

Mai 2010: Nach den vielfältigen Protesten sieht sich der Senat gezwungen, das Tempelhofer Feld zu öffnen – allerdings nur tagsüber und mit Zaun und Sicherheitsdienst.

Mai 2010: Neuköllner Baustadtrat Blesing wünscht sich für das Tempelhofer Feld eine hochwertige Bebauung, die Wohlhabende anlocken soll – Immoscout hat Wohnung in der Weisestraße für 9 Euro kalt im Angebot.

Mai 2010: Stadtspaziergang des Seminars für angewandte Unsicherheit (SaU) auf der Suche nach Kameraüberwachung rund um die Hermannstraße. Man wird schnell und oft fündig.

Juli 2010: Zweite Ausgabe der Randnotizen.

August 2010: Nach vier Jahren findet wieder das unabhängige Weisestraßenfest statt. Motto: „Wir bleiben hier! Von Nachbarn für Nachbarn.“ Einige Wochen später blamiert sich das QM dagegen mit dem „1. Okerstraßenfest“. Es sollte das letzte bleiben.

Oktober 2010: Diesmal 80 Leute beim Kiezspaziergang im Schillerkiez. Unter anderem zur Lichtenrader Str. 32, die gerade von der Immofirma Tarsap entmietet wird.

Oktober 2010: Randnotizen Nummer Drei.

November 2010: Nächste Stadtteilversammlung im Schillerkiez.

2011

Januar 2011: Nord-Neukölln wird in der New York Times gehypt. Mietsteigerungen seit 2007 um bis zu 20%

Januar 2011: Nicht nur steigende Mieten sondern auch steigende Betriebskosten: Über 70 Anwohner*innen kommen zur Infoveranstaltung von Stadtteilini Schillerkiez und Berliner Mietergemeinschaft.

März 2011: Zum vierten Mal erscheinen die Randnotizen.

März 2011: In Kneipen und Bars taucht ein Plakat der Gruppe AntiGen auf: Mit „Dear Students, Artists und Travelers“ werden englischsprachige Neu-Neuköllner_innen über Verdrängung informiert.

März 2011: Stadtteilini Schillerkiez startet Filmreihe zu Verdrängung und Widerstand.

Juni 2011: Zur Veranstaltung zum Rassismus und Antiziganismus der Task Force Okerstraße kommen über 100 Menschen. Sie ist Teil der Reihe „Dein Block, Mein Kiez – gegen Ausgrenzung und soziale Kontrolle!“.

Juni 2011: Wieder über 50 Leute bei Kiezspaziergang im Schillerkiez, darunter viele neue Gesichter.

Juli 2011: Randnotizen mit der fünften Ausgabe.

August 2011: Im Rahmen des jährlichen Weisestraßenfests wird die Weisestraße 47 geöffnet um darauf hinzuweisen, dass das Haus immer noch leer steht.

August 2011: Die Buschkowsky-Jugend gründet sich, um dem großen Bezirkspartriarchen zu huldigen und Wahlkampf zu machen. Motto: Monokulti statt Multikulti. Entpuppt sich mit der Zeit als Wahlkampfsatire.

August 2011: Die Firma Tentstation, Betreiberin von innerstädtischen Zeltplätzen, will sich ab Mai 2012 in „Berlins aktuellem Trendbezirk“ niederlassen, und zwar zwischen südlichem Flugfeldeingang und Hermannstraße. Anwohner*innen und Hundefreund*innen treffen sich, es gibt Diskussionen bei einer Infoveranstaltung. Am Ende werden die Pläne fallen gelassen.

September 2011: Auch aus Neukölln ziehen Mieter*innen zur großen Mietendemonstration. Zusammen mit 6.000 anderen Menschen wird gegen Armut und Verdrängung auf die Straße gegangen.

September 2011: Eine gewisse Initiative „100% – Erhalt des Tempelhofer Flugfeldes“ lädt zur ersten Bürger*innenversammlung ein.

September 2011: Die Kiezinitiative DonauFulda gründet sich.

Oktober 2011: Das Stadtmagazin TIP hat im Schillerkiez eine ominöse „Kieztaliban“ aufgespürt, die angeblich einen Bürgerkrieg anzetteln will und ihr Hauptquartier im Stadtteilladen Lunte hat. Nachdem Künstler*innen, Gewerbetreibende und Stadtteilgruppen zusammen klarstellen, dass das nicht mehr ist als bloße Sensationsmache, ist auch die Kieztaliban schnell wieder verschwunden.

November 2011: „Ich als Haus würde Ihnen Widerstand empfehlen.“ – Die Randnotizen Nummer 6 erscheinen.

November 2011: „Die verdammte Miete ist zu hoch!“ Die Stadtteilgruppe Schillerkiez und AntiGen Neukölln veröffentlichen die Ergebnisse einer selbstorganisierten Kiezumfrage. Nur ein Befund: Die Hälfte der Befragten hatte in den vorangegangen zwei Jahren eine Mieterhöhung.

November 2011: Kein Aufwertungsgebiet? Die Firma Lucon Immobilien plant, in der Kienitzer Straße eine Eigentumswohnung für 398.000 Euro zu verkaufen. Das ist zweieinhalbmal soviel, wie der gängige Quadratmeterpreis im Gebiet.

November 2011: Mieterhöhung, Modernisierung, was tun? An der Hauswand Weisestraße Ecke Herfurthstraße werden in großen Buchstaben Tipps für Mieter*innen veröffentlicht: 1. Nichts unterschreiben. 2. Mit Nachbar*innen reden! 3. Mieterberatung aufsuchen! Das Wandplakat ist heute stadtbekannt.

Dezember 2011: Kein Aufwertungsgebiet? Mietwohnungen im Schillerkiez durchbrechen bei Immoscout reihenweise die 10-Euro-kalt-Schallmauer.

2012

Januar 2012: Kein Aufwertungsgebiet? Neukölln verzeichnet zwischen Januar und September 2011 nach Mitte den höchsten Bevölkerungszuwachs. Dazu starker Wegzug von Hartz-IV-Empfänger*innen.

Januar 2012: Widerstand kann auch praktisch Nutzen haben: Gemeinsame Infoveranstaltung von Stadtteilini Schillerkiez und Mietergemeinschaft zur Betriebsabkostenrechnung

Februar 2012: In der Lichtenrader Str. 39 wandelt die Spree Invest Eins GmbH & Co. KG Mietwohnungen in Eigentum um. Blöd nur, dass dort noch Menschen leben. Also wird der Entmietungsspezialist ZIEGERT beauftragt, die Menschen zum „freiwilligen“ Auszug zu bewegen. Entlarvend: Mieter*innen mit nichtdeutschem Pass bekommen niedrigere Abfindungen angeboten als die mit deutschem Pass.

März 2012: Der neue Polizeidirektor des Abschnitts 55, Lars Neumann, sorgt sich vor aktiv werdenden Anwohner*innen, die er der linken Szene zuordnet.

März 2012: Aus Solidarität mit Roma und Sinti ziehen 500 gegen Rassismus und Antiziganismus durch Neukölln. Zuvor hatte die NPD mit Postkarten gehetzt.

April 2012: Das Stadtforschungsinstitut TOPOS will nur für den Reuterkiez einen Gentrifizierungsprozess herausgefunden haben. Im Rest Nord-Neuköllns habe sowas noch nicht begonnen. Aha.

April 2012: Im Neuköllner Süden wird Burak auf offener Straße erschossen, zwei Freunde lebensgefährlich verletzt. Danach gehen 2000 Menschen auf die Straße. Vieles ähnelt den Morden des NSU. Außerdem ist es genau 20 Jahre her, dass in Neukölln ein Nazikader bei einer Auseinandersetzung mit migrantischen Antifaschist*innen umkam. Vor dem Tod Buraks gab es Racheaufrufe in der Naziszene. Und die Polizei? Schweigt und hat drei Jahre nach dem Mord keine Ermittlungsergebnisse. Eine Initiative fordert bis heute Aufklärung.

April 2012: Die Weisestraße 47 wird nach Jahren des Leerstands besetzt um das Haus als Wohnraum zu nutzen. Die Polizei räumt ohne rechtliche Grundlage.

April 2012: Ein Kiezspaziergang lädt zur Spurensuche nach Spekulanten, Verdrängern und Miethaien im Schillerkiez.

Mai 2012: Mit einer Lärmdemo ziehen 700 Anwohner*innen aufs Flugfeld um gegen die Bebauung zu protestieren. Zuvor waren in einer Flashmobaktion bereits die geplanten Bauflächen auf der Neuköllner Seite des Feldes mit Flatterband symbolisch abgesperrt worden.

Mai 2012: Eine von vielen Stadtteilversammlung im Schillerkiez

Juni 2012: Im Körnerkiez wird eine Veranstaltung zur Zukunft des Tempelhofer Feldes gekapert und erfolgreich zur Organisierung gegen die Bebauung zweckentfremdet.

Juni 2012: Große Aufregung! Die neueröffnete Schillerbar wird mit Farbe eingedeckt. Die Betreiber*innen stellen sich in der Presse als arme Kleinstgewerbetreibende dar. Bald kommt aber heraus, dass hinter der Bar ein großer Geschäftsplan und viel Kapital steckt, und die zuvor in den Räumen befindliche Kiezbäckerei in gemeinsamer Absprache rausgedrängt wurde.

Juni 2012: Das Kiezforum Rixdorf zieht durch die Karl-Marx-Straße um über deren Komplettumbau zu informieren. Unter dem Titel „Aktion Karl-Marx-Straße“ soll die gesamte Straße in großem Stil aufgestylt werden. Wer hier nicht mitstylen darf: Mieter*innen mit geringen Einkommen und Gewerbetreibende mit nicht repräsentativen Läden, z.B. Ein-Euro-Shops.

Juli 2012: Die Internationale Gartenausstellung 2017 wird vom Flugfeld nach Marzahn verlegt. Die Ausstellung sollte Ausgangspunkt der künftigen Bebauung werden. Erster Punktsieg im Kampf ums Feld.

August 2012: Mehrere Hundert auf Kiezdemo

August 2012: Und wieder feiert der Kiez beim unabhängigen Weisestraßenfest

September 2012: Demo auf dem Feld. Motto: Hände weg vom Wiesenmeer!

September 2012: Ein Buch erscheint, in dem es darum geht, wir ein Berliner Bezirksbürgermeister keine Schweinewurst findet. Der rechte Mob kauft und applaudiert.

Oktober 2012: In der Allerstraße 37 will die Firma Tarsap Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umwandeln. Auch hier wohnen natürlich noch Leute in den Wohnungen. Als Parolen gegen Verdrängung im Hausflur auftauchen, hängt Tarsap eine Videokamera auf um „Sachbeschädigungen“ zu verfolgen. Blöd nur, dass das Aufhängen einer Kamera nur bei Zustimmung aller Mieter*innen möglich ist. Trotzdem macht Tarsap mit der Entmietung des Hauses weiter. Zitat eines Mitarbeiters gegenüber potentiellen Käufer*innen: „Für die Mieter sieht es schlecht aus“.

November 2012: Das Büro des QM Schillerkiez wird über Nacht mit brauner Farbe eingedeckt.

November 2012: Firma Lotz Consulting treibt den Quadratmeterpreis nach oben. Jetzt über 11,50 Euro kalt für eine Wohnung in der Herfurthstraße.

Dezember 2012: Volksbegehren für den Erhalt des Tempelhofer Feldes startet.

Dezember 2012: Zwangsräumung in der Boddinstraße gegen Protest durchgesetzt.

2013

Januar 2013: Die achte Ausgabe der Randnotizen erscheint.

Februar 2013: Couching statt Coaching! Die Initiative Zusammen! gegen das Jobcenter Neukölln reagiert mit Couch und Kundgebung auf neue Aktivierungsstrategien.

März 2013: Besagter Bezirksbürgermeister („Buschkotzky“) will in den Neukölln-Arcaden aus seinem Buch vorlesen. Mindestens hundert Menschen Menschen sind dagegen, dem stadtbekannten Rassisten eine Bühne zu geben. Ergebnis: Die Veranstaltung wird nach einer halben Stunde abgebrochen.

März 2013: Schlemmen nur für Reiche? Kiez-Dinner für alle im Stadtteilladen Lunte.

April 2013: Zwangsräumung in der Reuterstraße wird durch spontan organisierten Protest von knapp 100 Leuten wenigstens um ein paar Stunden verzögert.

April 2013: Wohnungsbesichtigung bei Lotz Consulting blockiert. Wer 11 €/qm verlangt, darf sich auch nicht wundern.

April 2013: Stadt, Land, Schluss! Zwangsräumung bei Stadt und Land in der Hermannstraße nach mehreren Aktionen und angekündigter Massenblockade verhindert.

Mai 2013: Nächtliche Scherbendemo in der Karl-Marx-Straße, Santander Bank, H&M und Rossmann danach ohne Schaufenster.

Juni 2013: Das große Wandplakat Herfurth- Ecke Weisestraße mit den grei goldenen Tipps für Mieter*innen ist nun schon zum dritten Mal wieder da.

Juni 2013: Kiezspaziergang: Unterwegs mit Schillerkiez Hypo Investment Tours zu den neuen Hotspots der Verdrängung

Juli 2013: Zum neunten Mal Randnotizen

August 2013: Ein anonymer Anbieter will fast 14 Euro kalt für eine Wohnung in der Allerstraße. Da hat er sich dann doch verschätzt. Verlangen kann man derzeit „nur“ 12, wie es z.B. auch die Immobilienverwaltung Alt & Kelber in der Okerstraße tut.

August 2013: Farbattacke auf das Büro des Aufwertungsprojekts „Aktion Karl-Marx-Straße“.

August 2013: Veranstaltung über das widerständige und antifaschistische Neukölln 1933-1945 in der Lunte.

August 2013: Der Bezirk Neukölln nickt den Bebauungsplan für die „Kindl-Residenzen“ an der Mainzer Straße ab. Statt günstigem Wohnraum wird es dort Eigentumswohnungen ab 2870 €/qm aufwärts geben. Der Vorschlag, ein Drittel Sozialwohnungen festzuschreiben, wird abgelehnt. Begründung: Unverhältnismäßiger Eingriff ins Eigentum. Wer vertritt da eigentlich welche Interessen?

September 2013: Die zweite Phase des Volksbegehrens zum Tempelhofer Feld beginnt mit einer Demo über das Feld.

September 2013: Das Neubauprojekt auf der Kindlbrauerei wird umbenannt von „Kindl-Residenzen“ in „12053 Aufblühendes Neukölln“. Der ursprüngliche Name passe nicht zur Stimmung im Gebiet, stellt die Lenkungsgruppe der Aktion Karl-Marx-Straße fest. Die Kindl-Residenzen, pardon, das aufblühende Neukölln sind Teil des Gesamtplans zur Aufwertung der Karl-Marx-Straße.

November 2013: Großplakat an der Weise- Ecke Herfurthstraße: „Bullen und Investoren aus der Stadt jagen!“ Dazu einige praktische Handlungsmöglichkeiten: Ziegert, Mähren-Gruppe, Tarsap, Akelius, Alt & Kelber.

November 2013: Kiezspaziergang rund um die Hermannstraße.

Dezember 2013: Mikrofonikia kreuz und quer durch Neukölln um zu den Themen Verdrängung und Zwangsräumung zu informieren.

Dezember 2013: Firma Lotz Consulting probiert es jetzt doch mal mit 14 €/qm kalt für eine Wohnung in der Warthestraße.

Dezember 2013: Ein Häuserbalett des Neuköllner Mietenbündnis tanzt vor dem Rathaus und fordert bezahlbare Mieten im Bezirk.

Dezember 2013: Zum Jahresende nochmal Farbe fürs Jobcenter und QM Schillerkiez.

2014

Januar 2014: Auch die Mähren-Gruppe lässt jetzt Mieter*innen in der Weisestraße (illegal) per Kamera überwachen. Zuvor hatten die wegen vermehrter Kündigungen im Haus aufbegehrt und zu einem Mieter*innentreffen geladen.

Januar 2014: Mit einem beeindruckenden Schlussspurt wird die erforderliche Zahl an Unterschriften gesammelt, um das Volksbegehren für den Erhalt des Tempelhofer Feldes zur Abstimmung zu bringen.

Februar 2014: Seit einem Jahr wird nun eine Protestpappel an der Neuköllnischen Allee besetzt um gegen den Ausbau der Autobahn A100 und den damit verbundenen Abriss von Häusern und das Fällen von Bäumen zu protestieren.

Februar 2014: Runde zehnte Ausgabe der Randnotizen

April 2014: Eine WG in der Kienitzer Straße wehr sich öffentlich gegen ihre Vermieter, genauso eine Nachbarin in der gleichen Straße. Kundgebung und Solidarität im Gerichtssaal und davor.

April 2014: Zwangsräumung in der Wissmannstraße mit viel Polizei durchgesetzt, danach aber gute Demo durch Neukölln

April 2014: Auf dem Tempelhofer Feld an der Oderstraße wird der Container unbrauchbar gemacht, mit dem der Senat für eine Bebauung des Feldes werben will. Allerdings wurde dort auch mit falschen Behauptungen gearbeitet. So z.B bei der Zahl der geplanten Wohnungen mit günstigen Mieten, die – wen wundert´s – als viel zu hoch angegeben wurde.

Mai 2014: Extraausgabe der Randnotizen zum Volksentscheid Tempelhofer Feld.

Mai 2014: Das Tempelhofer Feld wird nicht bebaut! So entscheiden die Abstimmungsberechtigten beim Volksentscheid. Am Abend spontane Feierdemo an der Oderstraße. Fünf Jahre Kampf ums Feld kommen so zu einem vorrübergehenden Happy End. Auf Seiten des Senats wird rumgeheult, Buschkotzky hält sogar alle Bebauungsgegner für unendlich dumm. Laber Rhabarber.

Juni 2014: Mieter*innen der Okerstr. 8/9 und Weisestr. 35/36 organisieren sich jetzt auch mit eigenem Blog gegen ihre Verdrängung.

Juni 2014: Auch in Neukölln hängen Transparente aus den Fenstern um sich mit den Geflüchteten zu solidarisieren. Die haben immer noch eine ehemalige Schule in der Ohlauer Straße in Kreuzberg besetzt um für ihre Rechte zu kämpfen.

Juli 2014: Der Bezirk würde schon mal prüfen, ob der jahrelange Leerstand der Weisestraße nicht doch unter das neue Zweckentfremdungsverbot fällt. Allerdings habe man erstmal kein Personal um das zu tun.

August 2014: Das unabhängige und selbstorganisierte Weisestraßenfest soll wieder stattfinden. Allerdings kommt das Ordnungsamt nach einiger Zeit auf den Trip, dem Fest so viele Steine wie möglich in den Weg zu legen. Ein Beispiel: Man solle doch bitte im Vorhinein eine Teilnehmer*innenliste aller Besucher*innen zusenden… Am Ende findet das Fest statt.

September 2014: Das Bündnis bezahlbare Mieten beginnt eine Unterschriftensammlung für die Einführung von Milieuschutzgebieten in Neukölln.

Oktober 2014: Etwa 100 Menschen auf Videokundgebung bei Berlin Aspire Real Estate an der Hermann- Ecke Biebricher Straße. Nachdem der Immoinvestor dort ein Mietshaus gekauft hatte, werden die dortigen Mieter*innen nun mit Mieterhöhungen und Einschüchterungen vertrieben, damit das Haus dann in Eigentums- und Ferienwohnungen aufgeteilt werden kann.

Oktober 2014: Kiezspaziergang mit dem Kiezforum Rixdorf entlang von neuen Baustellen und verbleibenden Brachflächen.

Oktober 2014: Neuköllndemo mit Fronttransparent „Hohe Miete, Zwangsumzug – zu viel Ärger, zu wenig Wut!“ Die Stadtteilgruppe 44_rund um die Hermannstraße, Stadtteilsprechstunde Lunte und Bündnis Zwangsräumung Verhindern rufen auf, 500 kommen und machen Lärm.

Oktober 2014: Die 11. Ausgabe der Randnotizen erscheint.

Oktober 2014: Im Neuköllner Norden wird das erste Haus einer sogenannten Baugruppe fertiggestellt. Baugruppen behaupten von sich gerne, eine sozial verantwortliche Alternative auf dem Wohnungsmarkt zu sein. Nicht so im „Aufbauhaus“ in der Braunschweiger Straße . Dort sind teure Eigentumswohnungen hinter hohen Zäunen entstanden.

November 2014: Die Dokumentation „Verdrängung hat viele Gesichter“ wird auch im Stadtteilladen Lunte gezeigt.

November 2014: Aktion auf dem Flohmarkt am Maybachufer: Mireille muss nach 34 Jahren von Neukölln nach Rudow ziehen, ihr Vermieter hat sie rausgeschmissen. Gegen Spende trennt sie sich von ihren Sachen. Dazu werden Flyer verteilt und kleine Infobeiträge durchs Megaphon gerufen. Das Hipsterpublikum zeigt sich interessiert bis gleichgültig, einigen ist selbst diese Aktion schon „zu aggressiv“. Die Luxusmodernisierung in Mireilles Haus beginnt übrigens kurz nach ihrem Auszug.

Dezember 2014: Stadtteilversammlung im Schillerkiez.

Dezember 2014: Eine WG in der Fuldastraße wehrt sich öffentlich gegen ihren Rausschmiss.

2015

Januar 2015: Steine und Farbbeutel aufs Rathaus Neukölln und ein paar ausgewählte Fensterscheiben drumherum. Zehn Jahre zuvor war Oury Jalloh in einer Polizeizelle in Dessau verbrannt. „Oury Jalloh – das war Mord!“, ist die Parole gegen das Vergessen.

Januar 2015: Eingangtore des Flugfeldes nach Sabotage nicht mehr verschließbar. Freies Feld für alle zu jeder Zeit?

Januar 2015: Als Emserianer organisieren sich jetzt die Mieter*innen der Emserstraße. Dort, wo früher niemand wohnen wollte, jetzt aber alle kaufen wollen.

Januar 2015: Anarchistische Gartenschau: „Alles für alle!“ ziert die Wiese im Körnerpark in voller Breite.

Januar 2015: Das Neuköllner Mietenbündnis übergibt 3500 Unterschriften für die Einrichtung von Milieuschutzgebieten in ganz Nord-Neukölln. Jetzt muss die BVV prüfen.

Februar 2015: Veröffentlichung einer neuen Studie zu Mietsteigerungen zwischen 2009 und 2014: Nord-Neukölln mit Werten zwischen +70 bis +90% stadtweit ganz vorne dabei.

Februar 2015: Bezirkspatriarch Buschkotzky tritt ab, Franziska Giffey folgt, Randnotizen bleiben.

Februar 2015: Mieter*innen der Friedelstraße 54 organisieren sich gegen eine Sanierung durch die Citec Immobiliengruppe.

März 2015: Zum dritten Mal wird das Wandplakat mit Mieter*innentipps an der Weise- Ecke Herfurthstraße entfernt, zum vierten Mal taucht es sofort danach wieder auf.

März 2015: Kiezdemo mit 500 Leuten trotz Regen entlang von Orten des Widerstandes in Nord-Neukölln, darunter die Friedel 54 und der Kulturverein Allmende

März 2015: Allmende, Haus alternativer Migrationspolitik und Kultur, und verbunden mit vielen Neuköllner Initiativen, wird zwangsgeräumt.

März 2015: Reuterkiez mit den meisten AirBnB-Angeboten stadtweit.

entnommen der Ende April 2015 erschienenen neuen Ausgabe der Stadtteilzeitung RandNotizen