Ein Stadtteil regt sich!

Proteste gegen die Entwicklung im Schillerkiez. Task Force und QM im Fokus der Sadtteilversammlung und einiger Überflüssiger.

Das Phänomen der Stadtumstrukturierung, auch Gentrifizierung genannt, hat es mittlerweile aus der politischen Nische in die mediale Öffentlichkeit geschafft. In Berlin vergeht kaum eine Woche, in der in den auptstadtblättern nicht wenigstens ein Artikel über die Umstrukturierung der Stadt und den Widerstand dagegen zu finden wäre. Auch der Schillerkiez ist von diesen Tendenzen nicht ausgenommen. Gerade durch die Schließung des ehemaligen Flughafens Tempelhof hat der Kiez in dem wir leben, für InvestorInnen und zahlungskräftige MieterInnen an Attraktivität gewonnen. Dementsprechend fanden die ersten großen Protestverantaltungen auch im Kontext der Zukunft des Ex-Flughafens statt, die mit der versuchten Besetzung des Geländes im Juni vergangenen Jahres ihren vorläufigen Höhepunkt erreichten.

Doch die Entwicklung des früheren Flughafengeländes ist nicht die einzige Sorge der AnwohnerInnen im Schillerkiez. Auch gegen die Politik des Quartiersmanagements (QM) regt sich Widerstand. Vor allem als die Pläne des Projekts „Task Force Okerstraße“ bekannt wurden begannen einige empörte AnwohnerInnen sich zusammen zu schließen um Widerstand gegen diese Politik zu organisieren. Dabei ging die Kritik deutlich über die Aufwertungspolitik des QM hinaus, wobei vor allem die rassistischen und diskriminierenden Vorstellungen des Task Force Projekts öffentlich gemacht wurden. Schnell entstand die Idee, unabhängige Stadtteilversammlungen zu organisieren um die unterschiedlichen Menschen im Kiez zusammen zu bringen und ein Forum zu schaffen, auf denen ein Austausch stattfinden kann. Zu den Stadtteilversammlungen, die seit dem letzten Oktober regelmäßig stattfinden, kamen bis zu 70 Menschen. Es wurden viele, auch alltägliche Probleme thematisiert, mit denen sich die NeuköllnerInnen konfrontiert sahen. Im Vordergrund stand aber meist die drohende Verdrängung sowie die zunehmende Repression. Mittlerweile gab es vier Veranstaltungen, die letzte fand mitte Februar mit dem Themenschwerpunkt Mietenentwicklng in Nord-Neukölln statt.

Bereits einige Zeit vor den Versammlungen organisierten ein paar Menschen vor dem QM-Büro in der Schillerpromenade sogenannte „Drink-Ins“, also öffentliche Versammlungen, zwecks gemeinsamen Alkoholkonsums. Ziel war es, sich mit den betroffenen Menschen zu solidarisieren und zu zeigen, dass eine Aufhübschung des Kiezes, mit dem Ziel zahlungskräftigere MieterInnen anzuziehen, nicht ohne Widerstand aus der Bevölkerung durchsetzbar ist.

Zu einer Zuspitzung des Konflikts zwischen AnwohnerInnen und dem QM kam es schließlich im November vergangenen Jahres auf einer Informationsveranstaltung in der Genezarethkirche (Ein zusammenfassendes Video der Veranstaltung kann bei www.KanalB.org angeschaut werden).Kerstin Schmiedeknecht, die Leiterin des QM versuchte gemeinsam mit Arnold Mengelkoch, dem Migrationsbeauftragten des Bezirksamtes Neukölln und offiziellem Sprecher der AG Task Force, der Kritik der QM-GegnerInnen im Laufe einer hitzigen Diskussion den Wind aus den Segeln zu nehmen. Allerdings war ein großer Teil der über 100 Interessierten nicht mit den Plänen um die AG Task Force einverstanden, was während der Veranstaltung auch vielfältig zum Ausdruck gebracht wurde. Bereits nach einer Stunde wurde die Versammlung von den Verantwortlichen mit dem Hinweis beendet, „man könne sich ja im nächsten Jahr wieder treffen, um zu sehen ob die KritikerInnen recht behalten hätten“. Dieser Kommentar sagt einiges über das Demokratieverständnis der Task Force – Verantwortlichen, allen voran das Bezirksamt Neukölln und das Quartiersmanagement Schillerkiez. Ob die kritischen AnwohnerInnen solange abwarten und Däumchen drehen, darf bezweifelt werden.

„Auch in den nächsten Monaten wird es regelmäßige Stadtteilversammlungen geben“ versprechen die InitiatorInnen. Auch andere politische Gruppierungen sehen mittlerweile den Handlungsbedarf im Schillerkiez. Anfang Februar besuchten einige AktivistInnen der „Überflüssigen“ das QM in der Schillerpromenade. Sie hinterließen einige Flugblätter und Plakate, die das rassistische Task Force Projekt und die drohende Vertreibung von AnwohnerInnen kritisierten. Wenn etwas im Kiez überflüssig ist, dann ist es das QM und die dazugehörige „Task Force Okerstraße“. Das ist der gemeinsame Nenner der unterschiedlichen Proteste.