Radikale Sprüche und klägliche Realität

eute wurde auf Twitter ein lesenswerter Kommentar von Sebastian Lotzer zu den interkiezionalen Demos der letzten Zeit und der derzeitigen Situation der radikalen Linken veröffentlicht. Auch in Anbetracht der angekündigten Räumung des Hausprojektes Liebig34 ist eine Debatte über die zunehmende Selbstisolierung von Linken notwendig, um nicht im Sumpf der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Dazu gehört auch der Verzicht auf zunehmend identitäre und ausschliessende Demokonzepte, die nur noch der eigenen Selbstinszenierung als „aufrechte Kämpfer“ dienen. Militanz sollte gemacht und nicht angekündigt werden, dann wirkt sie um so mehr.
Wir dokumentieren den Thread auf Twitter als Komplett-Text für die, die nichts mit Twitter zu tun haben wollen.
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Die Diskrepanz zwischen vollmundigen Ankündigungen und der Realität auf der Straße fällt der Berliner Scene derzeit dermaßen auf die Füsse. Weder das Veröffentlichen von alten Videos der Schlacht um die Mainzer, noch die Runde im Bullenwanderkessel durch Kreuzberg am letzten Samstag als „Offensive“ zu verkaufen beeindruckt den Berliner Senat in besonderer Weise. Nach der weitgehend reibungslosen Räumung des #Syndikat folgen jetzt Potse und #Liebig34. Es gibt weder einen politisch noch materiellen hohen Preis, den das System zu zahlen hätte.
Ohne eine selbstkritische realistische Bilanzierung der eigenen politischen, taktischen und strategischen Fehler wird mensch sich mehr oder wenig klanglos von den eigenen Projekten verabschieden müssen.
Die Aktionen der letzten Wochen und Monate haben auch gezeigt, dass man nicht in der Lage ist, über das eigene Klientel hinaus breit zu mobilisieren, in einer Stadt in der „die Wohnungsfrage“ für eine Mehrheit ganz oben auf liegt, wird eben der „Kampf um Freiräume“ als das wahrgenommen, was er im Kern nur noch ist, identitäre Klientelpolitik und keine Zuspitzung der sozialen Frage, in der sich die Menschen mit ihrer Ohnmacht, Wut und Angst wiederfinden können.
Diese Fragen aufzuwerfen ist keine „unsolidarische Haltung“, sondern das was linksradikale Politik sein sollte, eine Auseinandersetzung, kritischer Streit zwischen Genoss*innen über die Ausrichtung der eigenen politischen Initiativen.
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Quelle: https://twitter.com/sebastianlotzer/status/1305997960724049920
Defend Liebig34

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