Eine Pressemitteilung vom Syndikat und weitere Anwohnerinnenberichte zur Räumung
PM: Nach der Syndikat-Räumung – Rot-Rot-Grün hinterlässt einen schockierten und wütenden Kiez 18.8.2020
Am Morgen des 7. August wurde die Kiezkneipe Syndikat im Nord-Neuköllner Schillerkiez geräumt. Dafür wurde ein massives Aufgebot an Einsatzkräften eingesetzt, die weite Teile des Kiezes über Tage hinweg abriegelten. Die Polizeipräsenz war auch in den Tagen nach der Räumung extrem hoch, dazu sorgt der Einsatz von verschiedenen Security-Firmen im und um das Haus Weisestraße 56 weiterhin für Konflikte in der Nachbarschaft. Auf einer ersten Kiezversammlung am vergangenen Sonntag begann die Aufarbeitung.
Der polizeiliche Einsatz begann fast 24 Stunden vor dem angekündigten Räumungstermin. Die Weisestraße wurde zwischen Herrfurth- und Selchower Straße abgeriegelt, Anwohner:innen durften diese „Sicherheitszone“ nur nach Ausweiskontrolle betreten, Journalist:innen oftmals erst nach langen Diskussionen. Diese „rote Zone“ wurde im Laufe des Einsatzes immer weiter ausgeweitet. Insgesamt waren während der gesamten Zeit über 700 Einsatzkräfte, Kletter- und Technische-Einheiten, Hundestaffeln, und Helikopter im Einsatz. Anwohner:innen berichteten im Nachhinein von vielen Szenen, in denen Polizist:innen sich ihnen gegenüber einschüchternd, anmaßend und aggressiv verhalten haben.
Dazu erklärt Lukas Selchow, ein Sprecher des Syndikat-Kollektivs: „Dieser martialische Einsatz zur Räumung einer Kiezkneipe, die fast 35 Jahre zur nachbarschaftlichen Infrastruktur im Schillerkiez gehörte, ist einem selbsterklärten linken Senat absolut unwürdig und zeigt, das der Rechtsstaat – der durch diesen Einsatz ja sicher gestellt worden sein soll – jegliches Maß verloren hat. Für die Interessen von Pears Global, eines intransparenten, kommunikationsunwilligen und steuervermeidenden Briefkasten-Netzwerks, wurde eine Materialschlacht geliefert, für dessen Kosten der Senat das gesamte Haus in der Weisestraße 56 wahrscheinlich mehrfach hätte kaufen können. Das wäre billiger gewesen und hätte die zahlreichen Verletzten, Verhafteten und unzähligen schockierten und wütenden Nachbar:innen erspart.“
Am vergangenen Sonntag versammelten sich etwa 70 Menschen, hauptsächlich aus dem Schillerkiez, um über die Erlebnisse des vergangenen Wochenendes zu sprechen. Ohne Ausnahme wurde die Räumung und die Art des Polizeieinsatzes scharf kritisiert. Aber auch Teile der medialen Berichterstattung und Äußerungen verschiedener Bezirks- und Landespolitiker:innen stießen auf große Ablehnung.
Dazu Selchow weiter: „Viele Nachbar:innen sind wütend darüber, das bis auf wenige Ausnahmen weder in der Berichterstattung, noch durch die Politik ihre Erlebnisse ausreichend berücksichtigt wurden und dieser gesamte Einsatz ohne jegliches Hinterfragen als alternativlos dargestellt wird. Es macht natürlich was mit dir, wenn dein ganzer Kiez plötzlich tagelange Sicherheitszone ist, vor schwer bewaffneten Einheiten überquillt und du als Anwohner:in schon unter Generalverdacht stehst, nur weil du dort wohnst. Wenn dann auch noch Bezirkspolitiker:innen wie der stellvertretende Bürgermeister von Neukölln, Falko Liecke, dem Syndikat den Status als nachbarschaftliche Infrastruktur abspricht und alle Unterstützer:innen pauschal als „Extremisten“ verunglimpft, macht das die Menschen im Schillerkiez natürlich erst Recht wütend.“
Neben der Aufarbeitung wurde auf der Kiezversammlung aber auch deutlich, das durch die Räumung die Nachbarschaft in dieser Zeit enger zusammen gerückt ist und das viele Menschen motiviert sind, diese Dynamik weiter zu verfolgen.
Der Tenor war: wir können die Räumung und den Verlust dieses wichtigen Ortes nicht einfach so hinnehmen, es muss weiter gehen. Diese Motivation wurde vor Ort direkt in produktives Handeln umgesetzt. Es haben sich spontan 8 Arbeitsgruppen zu verschiedenen Themen gebildet, etwa wie der Verlust eines nachbarschaftlichen Ortes kreativ kompensiert werden, oder wie die Räumung und der Polizeieinsatz politisch, juristisch und medial weiter aufgearbeitet werden kann. Auch die immer noch starke Polizeipräsenz im Kiez und insbesondere der Einsatz dubioser Security-Firmen, von denen einzelne Mitarbeiter:innen bereits wiederholt durch sexistische, homophobe und diskriminierende Äußerungen gegenüber Nachbar:innen aufgefallen sind, wurden thematisiert. In 2 Wochen soll die Arbeit auf einer Folgeversammlung weiter vertieft werden.
Dazu Selchow abschließend: „Auch wenn uns die Räumung natürlich wütend und traurig macht, so war es doch sehr ermutigend das so viele Menschen sich nicht geschlagen geben und zumindest den entstandenen Zusammenhalt positiv und produktiv nutzen wollen. Das Syndikat war immer mehr als ein Raum, sondern eine Idee von Selbstorganisierung und Kiezkultur von Unten und gerade fühlt es sich an, als wäre das Syndikat so lebendig wie eh und je.“
Quelle: https://syndikatbleibt.noblogs.org/post/2020/08/18/pm-nach-der-syndikat-raumung-rot-rot-grun-hinterlasst-einen-schockierten-und-wutenden-kiez/
Ein Bericht von Radio Aktiv Berlin vom 17.8.2020
Begleitet von einem massiven Polizeiaufgebot wurde am 7. August 2020 die beliebte Kiezkneipe Syndikat in der Neuköllner Weisestrasse geräumt. Mit einer nicht öffentlich definierten Sonderzone brach die Polizei in die Privatsphären von Anwohner*innen ein und schikanierte sie. Viele empfanden das als Bruch ihrer Grundrechte. Während sich die Berliner Bevölkerung mit vergleichbaren autoritärem Gebaren von Polizei und Behörden im Friedrichshainer Nordkiez abzufinden scheint, stösst dieses andauernde Verhalten in Neukölln auf starke Ablehnung. Neben O-Tönen von der Nacht und dem Morgen der Räumung dokumentieren wir Anwohner*innenstatements zum Geschehen.
Radiobeitrag hören unter
Radio Aktiv Berlin Beitrag
Berichte von Anwohner*innen zur Syndikatsräumung vom 11.8.2020:
Als Anwohnerin der Weisestraße war ich schwer geschockt, dass die Berliner Polizei unsere Straße ohne Vorwarnung und ohne ersichtlichen Grund innerhalb kürzester Zeit in eine besetzte Zone verwandelt hat. Dabei wurde die Freiheit der Anwohnerinnen massivst eingeschränkt und mit Füßen getreten. Über mehrere Tage hinweg wurden Anwohnerinnen und Besucherinnen der Weisestraße durch diesen massiven und absolut aus dem Ruder gelaufenen Einsatz eingeschüchtert und bedroht. Menschen wurden ohne ersichtlichen Grund verbal und körperlich bedroht, um das Eigentum einer Briefkastenfirma in Luxemburg zu schützen. Die verantwortlichen Politikerinnen, allen voran Innensenator Andreas Geisel, müssen die Verantwortung für diesen massiven und nicht hinnehmbaren Einsatz mit allen Konsequenzen tragen.
As a local resident with a family and business in Weisestr I was horrified to witness my street suddenly occupied in a militarized police action and the arbitrary suspension of people’s right to free movement. It made me think of the images we see from the US of dysfunctional police actions and it’s badly damaged the reputation of the Berlin Police.
I would like the commanding officers of this incompetent and dangerous operation to publicly justify their decisions. I would like the financial cost of it to be published and an explanation from our serving politicians as why such vast resources were used at taxpayers expense to facilitate the return of a vacated pub to a foreign property speculator that runs a global tax avoidance system.
Als Anwohner mit einer Familie und auch als Gewerbetreibender in der Weisestraße war ich geschockt zu sehen, wie unsere Straße plötzlich von der Berliner Polizei besetzt wurde und in eine Art militärische Zone verwandelt wurde. Die Bewegungsfreiheit der Anwohnerinnen wurde willkürlich und ohne Grund über mehrere Tage eingeschränkt. Es erinnerte mich an die dysfunktionalen Polizeieinsätze der US-Polizei,die gerade durch die Presse gegangen sind. Der Polizeieinsatz im Rahmen der Räumung des Syndikats wird den Ruf der Berliner Polizei nachhaltig schädigen.
Ich wünsche mir, dass die Polizeiführung diesen inkompetenten und gefährlichen Einsatz öffentlich rechtfertigen müssen. Ich denke,die immensen Kosten des Einsatzes sollten öffentlich gemacht werden und von der Politik sollte erklärt werden, wie es dazu kommen konnte, dass diese vielen Ressourcen und dieses viele Geld dafür aufgewendet wurde, um eine bereits leergeräumte Kneipe an einen ausländischen Spekulanten zurückzugeben und zu schützen, während dieser ein globales System zur Steuervermeidung betreibt.
Aktionen
Links
- 100 % Tempelhofer Feld
- DonauFulda Kiezinitiative
- Friedel54
- FuldaWeichsel
- Gentrification Blog
- Karla Pappel
- Kein Ort für Nazis! Neukölln gegen Nazis
- Kiezversammlung 44
- Mietenbündnis Neukölln
- Rixdorfer Kiezforum
- Solidarische Aktion Neukölln
- Squat Tempelhof!
- Stadtteil- und Infoladen Lunte
- Stadtteilgarten Schillerkiez
- Steigende Mieten stoppen
- Tempelhof für Alle
- Unser Block bleibt!
- Weisekiez-Initiative
- Wem gehört Kreuzberg?
- Wildenbruchstrasse./Weserstrasse
- Wir bleiben Alle!
Archiv
- November 2024
- Juli 2023
- Mai 2023
- April 2023
- Februar 2023
- Dezember 2022
- November 2022
- Oktober 2022
- Juli 2022
- April 2022
- März 2022
- Januar 2022
- Dezember 2021
- November 2021
- September 2021
- August 2021
- Juli 2021
- Juni 2021
- Mai 2021
- April 2021
- März 2021
- Februar 2021
- Januar 2021
- Dezember 2020
- November 2020
- Oktober 2020
- September 2020
- August 2020
- Juli 2020
- Juni 2020
- Mai 2020
- April 2020
- März 2020
- Februar 2020
- Januar 2020
- Dezember 2019
- November 2019
- Oktober 2019
- September 2019
- August 2019
- Juli 2019
- Juni 2019
- Mai 2019
- April 2019
- März 2019
- Februar 2019
- Januar 2019
- Dezember 2018
- November 2018
- Oktober 2018
- September 2018
- August 2018
- Juli 2018
- Juni 2018
- Mai 2018
- April 2018
- März 2018
- Februar 2018
- Januar 2018
- Dezember 2017
- November 2017
- Oktober 2017
- September 2017
- August 2017
- Juli 2017
- Juni 2017
- Mai 2017
- April 2017
- März 2017
- Februar 2017
- Januar 2017
- Dezember 2016
- November 2016
- Oktober 2016
- September 2016
- August 2016
- Juli 2016
- Juni 2016
- Mai 2016
- April 2016
- März 2016
- Februar 2016
- Januar 2016
- Dezember 2015
- November 2015
- Oktober 2015
- September 2015
- August 2015
- Juli 2015
- Juni 2015
- Mai 2015
- April 2015
- März 2015
- Februar 2015
- Januar 2015
- Dezember 2014
- November 2014
- Oktober 2014
- September 2014
- August 2014
- Juli 2014
- Juni 2014
- Mai 2014
- April 2014
- März 2014
- Februar 2014
- Januar 2014
- Dezember 2013
- November 2013
- Oktober 2013
- September 2013
- August 2013
- Juli 2013
- Juni 2013
- Mai 2013
- April 2013
- März 2013
- Februar 2013
- Januar 2013
- Dezember 2012
- November 2012
- Oktober 2012
- September 2012
- August 2012
- Juli 2012
- Juni 2012
- Mai 2012
- April 2012
- März 2012
- Februar 2012
- Januar 2012
- Dezember 2011
- November 2011
- Oktober 2011
- September 2011
- August 2011
- Juli 2011
- Juni 2011
- Mai 2011
- April 2011
- März 2011
- Februar 2011
- Januar 2011
- Dezember 2010
- November 2010
- Oktober 2010
- September 2010
- August 2010
- Juli 2010
- Juni 2010
- Mai 2010
- April 2010
- März 2010
- Februar 2010