Eine Erklärung vom Kiezladen Friedel54 , die heute auf indymedia veröffentlicht wurde: [B] Friedel54: Danke für eure Solidarität! .
Danke für eure Solidarität, für eure Unterstützung, für eure Energie, für eure Entschlossenheit. Danke für eure Kreativität, für die Aktionen und motivierenden Worte. Danke für das Laut sein und für euer Durchhaltevermögen. Das hat uns allen Kraft gegeben, ob drinnen oder draußen.
Von drinnen eure entschlossenen Parolen zu hören, hat uns Mut gemacht und diverse Male schmunzeln lassen. Schlimm war es aber auch panische, schmerzerfüllte Schreie zu hören und abwarten zu müssen, was wohl mit uns passiert. Und wir mussten lange warten, da die Bullen mehrere Stunden, Sägeblätter und Rammböcke benötigten, um sich in die Räume der Friedel54 hineinzukloppen. Mit viel Material und wenig Verstand haben es diese Amateure dann irgendwie geschafft.
Doch nicht nur die Wände wurden verkloppt sondern auch wir, die die Räumung verhindern wollten. Dass die Staatsgewalt über die Stränge schlägt, ist ja weitreichend bekannt, dass die Räumung unseres geliebten Kiezladens Friedel 54 jedoch so dermaßen gewalttätig vom Gerichtsvollzieher Bossin und seinen Schergen durchgesetzt wurde, ist unfassbar und ekelhaft. So kreativ und vielfältig wir waren, so einseitig und stumpf haben die Bullen Befehle ausgeführt. Die Verantwortlichen aus der Politik halten sich fein raus oder schauen weg. Vor allem sollte sich die Bezirksverdränungsmeisterin Giffey angesprochen fühlen. Sie verurteilt Gewalt, dabei hat sie keine Ahnung, welche Gewalt sich tagtäglich in Neukölln und darüber hinaus abspielt. Eine Kostprobe davon haben wir am Donnerstag bei der Friedel54 Räumung bekommen.
Am Tag X und durch die Berichterstattung konnten wir sehen, wie gesellschaftlich anerkannt die Gewalt von Bullen ist und als “notwendig”, “normal” und “selbstverständlich” gesehen und dadurch legitimiert wird. Ob sich gewehrt wurde oder nicht, war im Grunde egal. Dass Menschen dadurch jedoch schwerst erniedrigt und traumatisiert werden und sich noch dazu nicht wehren dürfen, weil sie sonst von den erprobten Kampfrobotern erst recht körperlich angegangen und erniedrigt werden, ist traurige Realität. Dabei ist (hetero)Sexismus ebenfalls an der Tagesordnung. Gerade queere Menschen, die zur Verhinderung der Zwangsräumung gekommen sind, wurden besonders schikaniert. Das ist verabscheuungswürdig!
Polizeigewalt ist ein berechnendes Kalkül um Menschen systematisch zu traumatisieren und zu erniedrigen, damit wir es uns beim nächsten Mal zweimal überlegen, ob wir auf eine Demo gehen oder eine Zwangsräumung verhindern. Deswegen: Achtet auf euch! Nutzt Angebote wie Out of Action und redet mit Freund*innen über Erlebtes. Es wird in den nächsten Tagen auch eine von uns organisierte Sprechstunde mit Trauma-Therapeut*innen geben. Die genaue Ankündigung dazu folgt. Auch mit zu erwartenden Repressionen wollen wir euch nicht alleine lassen. Wir bieten euch weiterhin unsere kleine Antirepressionsstruktur an. Wir möchten euch schließlich darum bitten, wenn ihr Videos gemacht habt, stellt diese nicht ins Netz. Auch nicht verpixelt! Schützt euch und andere!
Durch unseren Zusammenhalt lassen wir uns nicht unterkriegen! Wir lassen uns nicht einschüchtern oder mundtot machen! Wir sind viele und wir sind laut! Die Friedel wurde uns genommen, aber unser Kampf geht weiter! Für Freiräume und ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit und mit Solidarität.
Die gestrige Demo war nur der Anfang. Nichts ist vergessen und nichts wird vergeben. Seid weiterhin kreativ, laut und wütend. Erinnert die Verantwortlichen, erinnert den rot-rot-grünen Senat an seine Bankrotterklärung gegenüber allen selbstverwalteten Strukturen von Unten. Nutzt die Nächte! Besucht Gerichtsvollzieher Bossin und andere Verdränger und verleiht eurer Wut kreativ Ausdruck.
Weiterhin und jetzt erst recht für mehr rebellische Nachbarschaften, solidarische Kieze und die Stadt von Unten!
Friedel54 am 1. Juli 2017
Demo am 1. Juli 2017 in Solidarität mit dem Kiezladen