Mit diesen Worten ist eine Presseerklärung von Integra e.V. vom 9. Februar überschrieben. Integra ist der Träger der Sozialarbeit im Rahmen der Task Force Okerstrasse. Seit dem ist hier einiges im Kiez in Bewegung geraten. Diverse Presseartikel beschäftigen sich unter verschiedenen Überschriften damit:
Die Berliner Zeitung vom 17.2.2011 titelt mit Der Spitzelvorwurf und der Tagespiegel vom 18.2 schreibt vom Zoff um die Task Force Okerstraße . Die Berliner Morgenpost vom 17. Februar schreibt „Vorzeigeprojekt in Neukölln bekommt kein Geld mehr“,( der Artikel ist Online nur gegen Bezahlung zu lesen). Auch das Neuköllner Online-Magazin „Facetten Neukölln“ gibt in zwei Texten Hintergrundinfos: Zwischen Baum und Borke(1) 17.2. 2011 und Zwischen Baum und Borke(2) 18.2. 2011. Die Neuköllner Grünen haben eine Anfrage zu der Bezirksverordnetenversammlung(BVV) Neukölln am 23. Februar eingereicht.
Der Quartiersrat Schillerpromenade lädt für Montag, den 21. Februar zu einer öffentlichen Sondersitzung zur Diskussion der Vorgänge ein:
Mensa der Karl-Weise-Grundschule, Weisestr. 19-20 um 18 Uhr.
In der Anfang März erscheinenden Ausgabe Nr.4 der Stadtteilzeitung RandNotizen erscheint ein Artikel, den wir hier schon mal abdrucken:
Spitzelaufträge nicht erfüllt … dann kam die fristlose Kündigung.
„Manche Gedankengänge kann ich wirklich nur schwer nachvollziehen“ so die Leiterin des QM-Büros Kerstin Schmiedeknecht im Dezember 2009 zur Kritik von AnwohnerInnen an den Zielsetzungen der TFO „Task Force Okerstraße“. Mehrfach wurde im Kiez mit Aktionen gegen die Bildung einer TFO demonstriert und in den Randnotizen 1 (März 2010) haben wir über die Hintergründe berichtet: Was vom QM als gutgemeintes, soziales Projekt vermarktet wird, entpuppt sich jedoch bei genauerem Hinsehen als ein stigmatisierendes und diskriminierendes Vorgehen, dass konsequenterweise zur Aufwertung des Kiezes und zum Austausch der von BewohnerInnen führen soll.
Dabei sollen unterschiedliche Akteure, u.a. die Polizei, das Jugendamt, die Schulen, das QM selbst und, wie es im Strategiekonzept zur Task Force Okerstraße heißt, die engagierten, „ganz normalen und angepasst lebenden Anwohnern“, gemeinsam ein soziales Bespitzelungsnetz um die als Problem empfundenen Menschen spannen.
Dass Frau Schmiedeknecht gar nicht das naive Dummchen ist, die diese Kritik nicht nachvollziehen kann, wurde in den letzten Februartagen deutlich. So waren Arnold Mengelkoch, Migrationsbeauftragter im Bezirk Neukölln und Kerstin Schmiedeknecht, die Hauptakteure, die Spitzelberichte von SozialarbeiterInnen des TFO-Projektes im Kiez verlangten.
„Wir wurden mehrfach dererseits aufgefordert über die uns betreuten Klienten ausführliche Sozialdaten, die unter Datenschutz fallen, zu übermitteln.“ teilte der Geschäftsführer der Integra e.V. Kazim Yildirim in einer Presseerklärung mit.
Ein Team von sieben MitarbeiterInnen der integra e.V. wurde im November 2009 mit der Durchführung des TFO-Projektes beauftragt und im Dezember 2010 fristlos gekündigt, „da wir der Aufforderung zur Informationsweitergabe nicht nachgekommen sind und diese konsequent abgelehnt haben.“ Der Geschäftsführer und die SozialarbeiterInnen des Vereins berichteten in einem Gespräch mit den Randnotizen wie die Bespitzelungsaufträge aussahen: „Die anonymen statistischen Daten, das reichte ihnen nicht. ‚Wir brauchen was Handfestes!‘ wurde gesagt und sie wollten wissen, welche Kontakte die Jugendlichen haben, was sie zusammen machen, was für Neigungen sie haben, in welchen „Gangs“ die sind. Das wurde natürlich nicht weitergegeben.“ und Kazim Yildirim ergänzte: „Es sollten auch konkrete Daten zu Bewohnern in der Okerstr. Nr. x und xx zusammengestellt werden. Wer dort wohnt und wieviele, sie wollten deren Aufenthaltsstatus wissen usw. Dabei war immer auffällig, wie Mengelkoch über die Migranten redet. Immer nur Defizite. “
Im weiteren Gespräch berichteten sie über ihre Sozialarbeit und welches Selbstverständnis sie hatten: „Von Anfang an haben wir uns geweigert `Task Force` auf unser Bürofenster zu kleben. Wir sind doch keine militärische Einrichtung sondern machen integrative Sozialarbeit mit unterschiedlichen sozialpädagogischen Angeboten von Hausaufgabenbetreuung bis zum Sport. Die Kinder, die Jugendlichen und Eltern haben uns doch vertraut. Das können wir doch nicht zerstören. Die konnten alle gar nicht verstehen, dass das jetzt zu Ende ist. Die Schmiedeknecht sieht nur Objekte, wir sehen die Menschen.“ Deshalb hätten sie trotz Kündigung die Arbeit in den letzten 6 Wochen ehrenamtlich fortgesetzt und auch die Jugendlichen noch einmal zum Mitternachtsboxen eingeladen. Gleichzeitig wurde die Presse zum Gespräch in die Turnhalle der Karl-Weise-Grundschule geladen um über die Kündigungsgründe zu informieren. Doch auch hier zeigte sich der lange Arm von Mengelkoch / Schmiedeknecht. Am Nachmittag hatte das Integra-Büro Besuch von einem Zivilpolizisten, der ihnen mitteilte, das Pressegespräch besser nicht durchzuführen und am Abend waren die Schlösser am Schulhof ausgetauscht. Die Wut der Jugendlichen kommentierte einer der jungen Sozialarbeiter mit den Worten: „Dem QM ist der Jugendbereich doch scheißegal. Wir haben ein Jahr etwas aufgebaut und dann wird da ein Messer durchgezogen.“
Inzwischen fliesst alles seinen bürgerlichen Fluss:
Das QM-Management/Schmiedeknecht fühlt sich „diffamiert und verleumdet“ aber “das Auswahlverfahren für den weiteren Ausbau läuft“, die Rechtsanwälte sitzen über den Kündigungsakten, im QM-Beirat wird laut darüber nachgedacht „nach dieser ominösen Aktion des QMs aus Protest zurückzutreten“, die bezirklichen Parteien Grüne/Linke gehen den Weg der „großen Anfrage“ und die Berliner Zeitungen sehen das von Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD, Sarazynische Partei Deutschland) importierte „Vorzeigeprojekt im sozialen Brennpunkt angeknackst“…
Den SozialarbeiterInnen, die sich der Auftragsbespitzelung verweigert haben, gilt unser Respekt, mit der Aufforderung an Alle, die im Sozialbereich tätig sind:
Keine Weitergabe von Daten!
Wir brauchen keine Task-Force und keine Spitzelbeauftragten!
Nachtrag vom 27.2. 2011:
es gibt weitere Artikel, auf die wir hinweisen wollen:
Taskforce Okerstraße spitzelt weiter! Unter anderem Namen!
aka analyse-kritik-aktion, 23.2. 2011
Die Brandenburgische Stadterneuerungsgesellschaft mbH
aka analyse-kritik-aktion, 26.2. 2011
Das Ende der Task Force Okerstrasse
Blog Das gemeine Wesen, 27.2.2011