Nazis sind wieder ungestört im Neuköllner Norden unterwegs. In der Nacht zu gestern wurden in der Wildenbruchstrasse Geschäfte und Hausflure mit Hakenkreuzen beschmiert, nur 100 Meter vom Polizeiabschnitt 54 entfernt.
Aus einer Info vom k-fetisch via facebook von gestern :
„Vom k-fetisch:
Wie wir gerade erfahren haben, gab es heute Nacht einen Nazi-Angriff auf unsere Nachbar*innen. Die Schaufenster des Classic Burger, sowie des Späti daneben wurden mit Hakenkreuzen und SS-Runen beschmiert. Es wurde sich auch Zugang zum Haus verschafft und im Treppenhaus Hakenkreuze und SS-Runen gesprüht. Außerdem wurden drei Autos die vor den Läden parkten die Reifen zerstochen. Wir erklären uns solidarisch mit unseren Nachbar*innen und verurteilen die Nazi-Angriffe! Kein Kiez, kein Ort für Nazis. Haltet die Augen offen und organisiert euch gegen Nazis!
k-fetisch
Ein ausführlicher Bericht erschien heute nachmittag auf der Facebook-Seite von Ferat Kocak, der selbst schon von Nazi-Brandanschlägen betroffen war. Nicht jede will auf facebook lesen, deshalb hier noch mal der Text:
Nazi Angriff in Neukölln!
Es werden Geschäfte von Migrant*innen mit Hakenkreuzen, SS Runen und „Ausländer Raus“ markiert. Zeitgleich werden die Reifen von zahlreichen Autos in der selben Straße zerstochen. Am Wochenende in Friedrichshain #Kreuzberg und jetzt wieder in #Neukölln. Eines der Läden, welcher mit einem riesen Hakenkreuz beschmiert wurde, ist der meiner Tante, meines Onkels und meiner Cousins „Classic Finest Burger & Pizza“.
Als ich vom NeoNazi Angriff über die Facebookseite von k-fetisch las bin ich sofort zu meiner Familie gefahren. Die Reaktion meines Onkels brachte mich zum nachdenken: Er erzählte mir von unserer Herkunft, von Aleviten, dessen Wohnhäuser und Geschäfte markiert wurden, um dann darauf folgend Tausende Aleviten zu ermorden. Wie in Maras ’78. Auch in Anatolien nannten sie das Säuberung. Mit diesem Trauma belastet, werden eben diese Menschen jetzt hier wieder angegriffen. Ihre Geschäfte werden mit Hakenkreuzen markiert. Wie schon vor nicht so langer Zeit in Deutschland.
„Ausländer Raus“ sind nicht nur mehr zwei Wörter. Denn den Worten der Rechten in den Parlamenten folgen schon längst die Taten auf den Straßen. Und wie sehr wir auch #niewieder laut auf die Straßen tragen schreitet ein „wieder“ Schritt für Schritt voran. Weil der Staat machtlos ist. Weil die NeoNazis ihre Strukturen nach ’45 sukzessiv in diesem System aufgebaut haben.
Weil der seit 2019 anhaltende und unaufgeklärte rechte Terror in Neukölln, trotz bekanntem Täterkreis, nur halbherzig bekämpft wird dann trauen sich die NeoNazis auch weiter zu machen. Dann nicht nur im für sie „national befreiten“ Süden sondern auch im bunten Norden.
Die Betroffenen des rechten Terrors in Neukölln sind laut. Sie fordern einen Untersuchungsauschuss. Sie fordern auch im Hinblick auf den NSU eine tiefergehende politische Aufklärung des Terrors, um diese Strukturen im Staat, die Akten schwärzen und schreddern, Zeugen verschwinden lassen und V-Männer in der Nazi Szene schützen, endlich transparent zu durchleuchten. Das sind wir unserer Vergangenheit und den Millionen ermordeten Jüd*innen, Sinti und Roma, Queere, Linke und vielen weiteren, die in das Weltbild dieser Menschenverachtenden Ideologie nicht passen schuldig. Aber weder die Politik noch die Ermittelnden Behörden hören die Betroffenen. Genauso wie keiner vom Leid der Millionen im Nationalsozialismus gewußt haben will.
Ja, das Gebäude, in dem meine Tante und andere Neuköllner*innen angemietet sind, gehört einer arabisch Muslimischen Person, dessen Nachname, wie auch der Nachname vieler weiterer von der Politik und Presse, als ‚Feinde‘ in den letzten Monaten abgestempelt wurden. Wozu dieser institutionelle Rassismus auch führt, sehen wir bei diesem Anschlag ganz deutlich, wie auch kürzlich in der Sonnenalle.
Das „wieso“ dieses Anschlages auf unser Leben ist nicht entscheidend. Vielleicht wollten sie auch das linke Cafe K-Fetisch, direkt gegenüber damit Treffen oder dem Polizeiabschnitt keine 100m entfernt zeigen, dass sie vor ihrer Tür problemlos ihre Nazipropaganda setzen können. Es ist vollkommen egal wen diese Faschisten angreifen wollten und was ihre Absicht war. Wir müssen uns gegen jeden Nationalismus und gegen rechten Terror jederzeit und an jedem Ort solidarisch und geschlossen entgegenstellen.
#niewieder #faschismus
Quelle: https://www.facebook.com/der.neukoellner/posts/589907355170822
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