Zu Beginn der Mietenstopp-Demonstration am 3.9. 2011 wurde ein Redebeitag der Stadtteilinitiative Schillerkiez gehalten, den wir dokumentieren:
Hallo allerseits,
herzlich willkommen in Nordneukölln,einem der Brennpunkte der derzeitigen Gentrifizierungsdebatte, wenn man denn dem einschlägigen Medien-Hype Glauben schenkt.
Ich spreche hier für die Stadtteilinitiative Schillerkiez, die diese Demo mitinitiiert hat. Mieterhöhungen,Ausgrenzung und Verdrängung ärmerer Schichten vor allem aus den Innenstadtbereichen und der Protest und Widerstand dagegen sollen heute hier das Thema sein.
Angesichts der regen Beteiligung, die wir hier sehen, treffen wir damit genau das, was zur Zeit viele Menschen bewegt.
Dazu werde ich jetzt etwas über die Enstehung und Arbeit unserer Stadtteilinitiative erzählen.
Enstanden ist unsere Ini aus der Empörung und der Wut über die Gründung der Task Force Okerstraße. Mit dieser Einsatzgruppe wollten das Bezirksamt und das Quartiersmanagement sogenannte problematische Jugendliche,Romafamilien und Trinker_innengruppen ausforschen und verdrängen.
Aus diesem Protest und der Kritik am Quartiersmanagement allgemein,wurde die Idee entwickelt Kiezversammlungen abzuhalten, sich organisiert in die Entwicklung im Stadtteil einzumischen und sich gegen Verdrängung ,Ausgrenzung und Stigmatisierung zu wehren.
Die Resonanz war ganz erfreulich, so daß wir uns immer größere Räume für die Versammlungen suchen mussten. So konnte denn im weiteren Verlauf auch die Stadtteilzeitung Randnotizen mit mittlerweile 5 Ausgaben erscheinen. Wir haben Kiezspaziergänge gemacht und gemeinsam mit der Berliner Mietergemeinschaft Informationsveranstaltungen zu Themen wie Betriebskosten, Mieterhöhungen oder Modernisierungsandrohungen abgehalten.
Im letzten Jahr hat sich zudem die Kiezinitiative „Antigen“ gegründet. Hierin sind vor allem Künstler_innen zusammengekommen, die sich nicht als Pioniere der Aufwertung instrumentalisieren lassen wollen. Unter anderem wurde ein Fragebogen entworfen, um die Mietentwicklung im Kiez zu erfassen und abzubilden.
Während der Schillerkiez früher meist als eine Art Schmuddelecke mit ebensolch schmuddeliger Bewohnerschaft galt, hat sich die Sichtweise auf dieses Gebiet spätestens mit der Öffnung des ehemaligen Flughafens als Parkgelände komplett verändert. Es wird überall renoviert,luxusmodernisiert,aufgehübscht, in Eigentum umgewandelt und verkauft. Auf die Art kann man sich neben einer schönen neuen Hausfassade auch gleich eine neue und solventere Mieterschaft zulegen. Bei Neuvermietungen werden mittlerweile Preise von 8-10 Euro verlangt und auch bereitwillig bezahlt.
Allein im letzten Halbjahr haben 4 neue Kneipen aufgemacht, etliche neue Galerien und Läden entstehen und verändern so auch das gesamte Kiezgefüge.
Immer wieder hören wir von teilweise illegalen ,teils rabiaten und oft einfach nur völlig unverschämten Entmietungsversuchen von Eigentümern oder Hausverwaltungen.
Um an solche Informationen zu kommen,aber in erster Linie um unsere Nachbarinnen und Nachbarn besser kennenzulernen, beteiligen wir uns auch an einer sogenannten Zwischen-oder -Pioniernutzung auf dem ehemaligen Flughafengelände. Mit dem Stadtteilgarten Schillerkiez haben wir uns vorgenommen, einen öffentlichen Treffpunkt zu schaffen. Hier können die Anwohnerinnen und Anwohner mit ihren ganz unterschiedlichen Hintergründen zusammenkommen, um sich über die aktuellen Entwicklungen auszutauschen und im besten Fall zu organisieren.
Auch an dem sehr gutbesuchten unabhängigen Weisestraßenfest haben wir uns in diesem wie im letzten Jahr beteiligt. Mit dem eindeutigen politischen Charakter des Festes ist es auch gelungen, deutliche Akzente gegen Ausgrenzung und für gelungene Selbstorganisierung zu setzen.
In diesem Sinne ,lernt eure Nachbarinnen und Nachbarn kennen,vernetzt euch im Haus in der Strasse,im Kiez.
Bildet Stadtteilbanden-initiativen-und treffpunkte.
Und es bleibt dabei: Die Häuser denen die drin wohnen.