Sanierungsmaßnahmen und Gentrifizierung

Durch Sanierungsmaßnahmen sollen „Bodenwertsteigerungen“ erzielt werden. Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen können durch die Städtebauförderung unterstützt werden. Das Verfahren ist zumeist Aufgabe der Gemeinde, die sich in diesem Zusammenhang oft privater Sanierungsträger bedient. Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass die gegebenen Versprechen aus den Leitsätzen zur Stadterneuerung für die Sanierungsgebiete in Berlin wie „Orientierung an den Belangen und Interessen der Betroffenen“ oder „Vermeidung von Verdrängung“ sich kaum einlösen lassen. Sanierungsmaßnahmen ermöglichen VermieterInnen die Miete jährlich, um bis zu 11 Prozent zu erhöhen.
Matthias Bernt stellt in seinem Buch „Rübergeklappt“ fest, dass die „Erneuerung zu einer hohen Fluktuation geführt [hat] – in mit privaten Mitteln sanierten Häusern zieht im Verlauf der Sanierung rund die Hälfte der Bewohner weg.“ Die Veränderung der Bewohnerstruktur hin zu „Singles“ bzw. jüngeren Familien mit höheren Bildungsabschlüssen und Einkommen wird als Gentrifizierung bezeichnet. Unter Bedingungen eines warenförmig organisierten Wohnungsmarktes bieten Sanierungsmaßnahmen vor allem Immobiliengesellschaften, EigentümerInnen, Beratungs- und Bauunternehmen Aussicht auf ein gutes Geschäft.

Die baulichen Verbesserungen der Wohnungen und des Wohnumfeldes haben unter kapitalistischen Bedingungen dagegen für „einkommensschwache Personengruppen“ in der Regel Verdrängungseffekte zur Folge, bzw. werden auch bewusst angestrebt. In den entsprechenden Papieren wird in der Regel von „problematische Mietern“ und „sozialen Problemen“ gesprochen. So ist zum Beispiel im Wohnungsmarktbericht 2008, herausgegebem von der „IBB“ (Investitionsbank Berlin) zu lesen: „Als besondere Probleme für den Mietwohnungsmarkt werden in Neukölln neben den geringen Einkommen überdurchschnittlich häufig auch soziale Probleme durch Entmischung und die Zunahme `schwieriger Mieter´ genannt.“ In diesem Zusammenhang wird jedoch nicht die Veränderung der Verhältnisse angestrebt, um „soziale Probleme“ zu lösen, sondern lediglich eine Veränderung der Bewohnerstruktur. In dem Bericht zur vorbereitenden Untersuchung „Neukölln – Karl Marx Straße“ wird betont, dass der „Stabilisierung und Aufwertung der Mieterstruktur (…) großer Wert beigemessen“ und angeregt wird u.a. „Künstler, Studenten als Mieter zu gewinnen, um die Mieterstruktur aufzuwerten“. In den Leitsätzen zur Stadterneuerung für die Sanierungsgebiete in Berlin wird in Punkt 3 auf den „Zuzug stabilisierend wirkender Bevölkerungsgruppen (insbesondere junge Familien)“ orientiert.
Nachzulesen auf: www.stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/stadterneuerung/de/leitsaetze/index.shtml
(Stand: 17.01.2010)
So ist es nicht verwunderlich, dass in den neu ausgerufenen Sanierungs- und Untersuchungsgebieten für Stadterneuerung Angst vor Verdrängung herrscht. Neuköllns Baustadtrat Thomas Blesing (SPD) wollte laut „Berliner Zeitung“ vom 10. Dezember 2009 einen solchen Effekt für das neue Untersuchungsgebiet Maybachufer / Elbestraße nicht ausschließen.